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BRC Global Standard: Lebensmittelskandale erkennen, bevor sie passieren

So müssen Meldesysteme im Unternehmen aussehen, um die Anforderungen des BRC Global Standard v8 zu erfüllen.

by Moritz Homann 4 min

    Die britische Verbraucherschutzorganisation British Retail Consortium (BRC) hat den „Globalen Standard für Lebensmittelsicherheit“ ins Leben gerufen, um Lebensmittelherstellern Sicherheits-, Qualitäts- und Betriebskriterien zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben und Verbraucherschutzvorschriften an die Hand zu geben. Auch im deutschsprachigen Raum spielt der BRC Global Standard eine wichtige Rolle, da Einzelhändler, Gastronomieunternehmen und Hersteller auf der ganzen Welt ihre Zulieferer anhand einer entsprechenden Zertifizierung bewerten. Wer Produkte im britischen Handel vertreiben möchte, ist sogar dazu verpflichtet, den Standard umzusetzen.


    Was ist der BRC Global Standard for Food Safety?

    Der BRC Global Standard for Food Safety hat im Februar 2019 seine Anforderungen an Lebensmittelhersteller und -lieferanten verschärft, um die Produktsicherheit weiter zu erhöhen. Dabei nimmt Version 8 des Standards die Führungsebene stärker in die Verantwortung („tone from the top“), fordert gleichzeitig aber auch Möglichkeiten für Mitarbeiter, Bedenken hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit zu melden („bottom up“). Das British Retail Consortium folgt damit der EU, welche eine Direktive zur Einführung von Hinweisgebersystemen verabschiedet hat.

    Vorgaben des BRC-Standards in Bezug auf Hinweisgebersysteme

    Unternehmen, die in der Fertigung, Verarbeitung und Verpackung von Lebensmitteln tätig sind, sind nach Absatz 1.1.6 zu Folgendem verpflichtet:

    “Das Unternehmen muss über ein vertrauliches Meldesystem verfügen, um es Mitarbeitern zu ermöglichen, Bedenken hinsichtlich Produktsicherheit, Integrität, Qualität und Rechtmäßigkeit zu melden.”

    In der Praxis sind solche „vertraulichen Meldekanäle“ besser als Hinweisgebersysteme oder Whistleblowing-Systeme bekannt. Über solche Systeme können Mitarbeiter Missstände oder Bedenken an eine verantwortliche Stelle melden. Typischerweise werden E-Mail-Postfächer, Telefonhotlines oder digitale Systeme genutzt.

    Unternehmen müssen jetzt sichere Meldesysteme zur Verfügung stellen, über die Mitarbeiter ihre Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Lebensmittel vertraulich oder anonym melden können.

    So erfüllen Sie die Vorgaben der BRC v8 1.1.6:

    1. Sprechen Sie mit den Stakeholdern im Unternehmen

    Bevor Sie ein Meldesystem einführen, sollten Sie sich informieren, welche Richtlinien und Vereinbarungen bereits bestehen. Sprechen Sie dazu unbedingt frühzeitig mit der Personal-, Compliance- und Rechtsabteilung, um deren Bedürfnisse zu verstehen und bei der Entscheidung für einen Meldekanal miteinzubeziehen.

    2. Definieren Sie Ihre Anforderungen

    Stellen Sie sich folgende Fragen, um herauszufinden, welcher Anforderungen ein Meldekanal in Ihrem Unternehmen erfüllen muss:

    • Wer wird das System nutzen? (Mitarbeiter, Lieferanten, sonstige Dritte)
    • Welche Kanäle (E-Mail, Telefon, Web) eignen sich für ihre Zielgruppe am besten? Was sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Kanäle?
    • Wie wird die Vertraulichkeit sichergestellt?
    • Soll anonymes Melden möglich sein? (Dies kann zum Beispiel von Ihrem Auditor gefordert werden)
    • Soll es eine Zwei-Wege-Kommunikation mit dem Hinweisgeber geben?
    • In welchen Sprachen soll das System verfügbar sein?
    • Wer erhält Zugang zu den eingegangenen Meldungen?
    • Wie werden Bedenken geprüft und dokumentiert?
    • Wie soll der Erfolg gemessen werden?

    Ein E-Mail-Postfach oder eine interne Telefonnummer reichen möglicherweise nicht aus, um die Anforderungen der BRC zu erfüllen, solange nicht klar dargelegt werden kann, wie Vertraulichkeit und/oder Anonymität gewährleistet werden.

    3. Wählen Sie ein Meldesystem aus

    Auf Basis der zuvor definierten Anforderungen können Sie nun entscheiden, welches Meldesystem sich am besten für Ihr Unternehmen eignet. In der Regel wählen Unternehmen zwischen einem E-Mail-Postfach, einer Telefonhotline oder einem webbasierten Hinweisgebersystem. Letzteres bietet oftmals auch eine integrierte Fallbearbeitung für die gemeldeten Hinweise.

    Unabhängig davon, für welches System Sie sich entscheiden, ist es wichtig, dass Ihre Maßnahmen konform, sicher, zugänglich, skalierbar und anpassbar sind.

    • Konformität: Jeder Meldekanal muss die Datenschutz- und Arbeitsgesetze in allen Rechtsordnungen einhalten.
    • Sicherheit: Wenn Sie sich für ein extern-gehostetes System entscheiden, bedenken Sie auch interne IT-Sicherheitsanforderungen. Holen Sie die IT-Abteilung frühzeitig zum Entscheidungsprozess dazu, um sicherzustellen, dass auch IT-seitig alle Voraussetzungen erfüllt sind.
    • Zugänglichkeit: Bieten Sie eine Mischung an verschiedenen Meldekanälen an. Behalten Sie bei der Entscheidung stehts die Arbeitsumgebung, die Kultur und Demografie Ihrer Mitarbeiter im Hinterkopf.
    • Skalierbarkeit: Stellen Sie sicher, dass das System auch in der Zukunft noch Ihre Anforderungen erfüllt. Wird der Meldekanal noch ausreichen, wenn sich Ihre Mitarbeiterzahl verdoppelt hat, wenn Sie in neue Märkte expandieren oder wenn sich Regularien ändern
    • Anpassungsfähigkeit: Nach der Einführung des Meldekanals werden Sie unweigerlich Feedback zum Hinweisgebersystem und zu möglichen Verbesserungspotentialen erhalten. Können Sie das System noch anpassen, wenn sich die Meldeprozesse im Unternehmen weiterentwickeln?

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    4. Implementierung und Kommunikation des Meldesystems

    Die Einrichtung eines Meldekanals kann je nach Komplexität des Projekts zwischen einigen Stunden und einigen Monaten dauern.

    Gute Kommunikation ist einer der Erfolgsfaktoren eines effektiven Hinweisgebersystems. Involvieren Sie die Führungskräfte in Ihre Kommunikationsmaßnahmen. Der „Tone from the top” ist entscheidend dafür, ob Mitarbeiter den Meldekanal nutzen. Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern, wie wichtig es ist, Bedenken hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit zu äußern, dass diese Hinweise ernst genommen werden und keine Vergeltungsmaßnahmen drohen.

    Der BRC-Standard fordert von Unternehmen sogar nachzuweisen, wie der Meldekanal an alle Mitarbeiter kommuniziert wurde. Setzen Sie auf kreative und regelmäßige Kommunikationsmaßnahmen, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

    Der BRC v8 setzt neue Standards für die Sicherheit von Lebensmitteln. Meldekanäle tragen dazu einen erheblichen Teil bei. Mit der richtigen Strategie erfüllen Unternehmen nicht nur die Anforderungen, sondern fördern auch eine Kultur der Offenheit.

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    Moritz Homann
    Moritz Homann

    Managing Director Corporate Compliance – EQS Group | Moritz Homann verantwortet beim Münchner Technologieanbieter EQS Group den Produktbereich Corporate Compliance. In dieser Funktion betreut er die strategische Entwicklung digitaler Workflow-Lösungen, die auf die Bedürfnisse von Compliance-Beauftragten auf der ganzen Welt zugeschnitten sind.

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