Warum Unternehmen anonyme Hinweise erlauben sollten

5 Gründe, die für anonyme Meldekanäle im Unternehmen sprechen
Viele Risiken in Unternehmen schlummern im Verborgenen. Das lässt sich auch ganz leicht erklären: Denn häufig scheuen sich Mitarbeiter aus Angst vor Repressalien, Missstände intern zu melden. Anonyme Meldekanäle können einen wichtigen Beitrag leisten, um Unstimmigkeiten aufzudecken bevor sie zum Problem werden.
Was versteht man unter dem anonymen Melden von Hinweisen?
Welche Argumente sprechen für ein anonymes Hinweisgebersystem?
Es ist besser für den Hinweisgeber
Der erste Schritt verlangt Mut, denn die meisten Mitarbeiter melden zum ersten Mal einen Missstand. Entsprechend groß sind die Unsicherheit und die Angst vor negativen Auswirkungen. Meldekanäle, die die Anonymität gewährleisten, senken die Hemmschwelle deutlich.
Untersuchungen zeigen, dass Hinweisgeber anonyme Meldekanäle bevorzugen: In Unternehmen, die anonymes Melden von Hinweisen erlauben, werden 58 Prozent der Erstmeldungen anonym abgegeben (siehe Whistleblowing Report 2019).
Wer seinen Mitarbeitern die Möglichkeit einräumt, anonym zu bleiben, baut Vertrauen auf. Unternehmen zeigen so, dass es ihnen wichtiger ist, von möglichen Missständen zu erfahren als die Identität des Hinweisgebers zu kennen.
Viele Hinweisgeber geben sich nachträglich zu erkennen
Laut dem Whistleblowing Report 2019 gibt von den Hinweisgebern, die ihre Beobachtungen zunächst anonym übermittelt haben, ein Drittel seine Identität im Laufe der Ermittlungen preis. Dies zeigt, dass durch anonyme Kanäle Vertrauen in den Meldeprozess aufgebaut werden kann.
Es ist besser für das Unternehmen
Hinweisgeber, die Vergeltungsmaßnahmen und Sanktionen fürchten, sind verständlicherweise nur selten bereit, Missstände zu melden. Unternehmen, die kein sicheres Umfeld für Hinweisgeber schaffen, riskieren deshalb, dass ihnen wichtige Informationen entgehen und dadurch große Schäden entstehen. Anonyme Meldekanäle senken die Hemmschwelle und ermutigen, Missstände zu kommunizieren. Die Verantwortlichen erhalten dadurch wichtige Informationen und können frühzeitig auf Risiken reagieren.
Die Angst vor missbräuchlichen Meldungen ist unbegründet
Ein Vorbehalt gegenüber anonymen Hinweisgebersystem ist die Angst vor einem Missbrauch. Beispielsweise durch falsche oder verleumderische Hinweise, die darauf abzielen, einzelnen Mitarbeitern oder dem ganzen Unternehmen zu schaden. Die Ergebnisse des Whistleblowing Reports 2019 zeigen jedoch, dass die Möglichkeit des anonymen Übermittels von Hinweisen keinen großen Einfluss auf den Anteil missbräuchlicher Meldungen hat.
Es gibt mittlerweile Systeme, die die Anonymität des Hinweisgebers schützen und dennoch eine 2-Wege-Kommunikation zulassen
Bei der Entscheidung für ein Hinweisgebersystem haben Unternehmen die Wahl zwischen unterschiedlichen Kanälen. Ein Briefkasten, ein E-Mail-Postfach oder eine Telefonhotline können schnell und preiswert eingerichtet werden, die Anonymität des Hinweisgebers garantieren sie jedoch nicht. So müssen Hinweisgeber zum Beispiel bei der Nutzung des Briefkastens ganz genau überlegen, wann sie ihren Hinweis einwerfen, um ungesehen zu bleiben. E-Mails hingegen können getrackt und die Stimme am Telefon erkannt werden.
Digitale Hinweisgebersysteme können die Identität des Hinweisgebers schützen und trotzdem eine 2-Wege-Kommunikation ermöglichen. Über diese Systeme können Hinweisgeber bei Bedarf noch weiteres Beweismaterial übermitteln und die Fragen des Fallbearbeiters beantworten.

Leitfaden zur Einführung von Hinweisgebersystemen
Wie Sie erfolgreich ein Hinweisgebersystem in Ihrer Organisation einführen.
Brauche ich in meinem Unternehmen anonyme Meldekanäle, obwohl die neue EU-Whistleblowing-Richtlinie Hinweisgeber besser schützt?
Meine Empfehlung geht deshalb ganz klar zur Einrichtung anonymer Meldekanäle. Denn auch wenn die EU-Richtlinie Hinweisgeber vor Benachteiligungen, wie Entlassung oder Degradierung, schützt, gibt es immer noch die Gefahr „weicher” negativer Konsequenzen – beispielsweise die vorwurfsvollen Blicke auf dem Büroflur oder die Ausgrenzung beim Feierabendbier. Keine Richtlinie und kein Gesetz kann Hinweisgeber davor schützen – das geht nur durch die Wahrung der Anonymität. Bevor wir keinen umfassenden Kulturwandel erleben, durch den Hinweisgeber nicht mehr als Verräter, sondern als „Helden“ gesehen werden, wird Anonymität als zusätzlicher Schutz extrem wichtig bleiben.