Zurück zur Übersicht

Sonderregelungen für Online-Generalversammlungen in Corona-Zeiten

Unternehmen dürfen aufgrund von COVID-19 auch rein virtuelle Aktionärstreffen abhalten. Was Sie jetzt wissen sollten.

by Stephan Däschler 4 min

    In diesem Jahr können in vielen Ländern die Generalversammlungen (GVs) erstmals vollständig ins Internet umziehen. Eine begleitende Präsenzveranstaltung ist zumindest vorerst nicht erforderlich.


    In diesem Jahr können in vielen Ländern die Generalversammlungen (GVs) erstmals vollständig ins Internet umziehen. Eine begleitende Präsenzveranstaltung ist zumindest vorerst nicht erforderlich.

    Versammlungsverbot stellt Aktiengesellschaften in der GV-Saison vor Herausforderungen

    Normalerweise erreicht die Generalversammlungssaison in der Schweiz zwischen April und Ende Juli ihren Höhepunkt. Die erlassenen Versammlungsverbote aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr durch COVID-19 stellen hiesige Aktiengesellschaften seit Frühjahr jedoch vor grosse Probleme. Gleich reihenweise verschoben Unternehmen wie Bell Food Group, Orior oder die Hypothekarbank Lenzburg ihre Aktionärstreffen oder liessen ihre Aktionäre – wie Geberit – ihre Recht aussschliesslich durch den unabhängigen Stimmrechtsvertreter ausüben, um die GV wie geplant durchzuführen.

    Auch derzeit ist es überhaupt noch nicht absehbar, wann Veranstaltungen mit mehreren tausend Menschen, wie es bei den GVs der grossen Konzernen oftmals der Fall ist, wieder möglich sein werden.

    Vereinfachte Durchführungsbestimmungen für Generalversammlungen

    Der Bundesrat hat im Frühjahr 2020 schnell auf die Auswirkungen der Corona-Krise reagiert und Sonderregelungen für die Einberufung und Abwicklung der Generalversammlungen im laufenden Jahr beschlossen. Diese sollen dazu beitragen, dass die börsenkotierten Unternehmen weiter handlungs- und beschlussfähig bleiben. Damit eine lückenlose Regelung gewährleistet werden kann, wurde die COVID-19-Verordnung 3 am 11. September 2020 bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Versammlungen können daher bis Ende nächstes Jahr weiterhin auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form durchgeführt werden.

    Die Regelungen, die die Durchführung einer Online-GV vereinfachen sollen, umfassen u. a. folgende Eckpunkte:

    • Bild- und/oder Tonübertragung der gesamten GV
    • Sicherer Authentifizierungsprozess
    • Stimmrechtsausübung ist auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form oder durch einen vom Veranstalter bezeichneten unabhängigen Stimmrechtvertreter auszuüben.
    • Digitale Übermittlung von Vollmachten bis zur Online-Abstimmung
    • Fragemöglichkeit im Wege der elektronischen Kommunikation (oder durch vorherige schriftliche Einreichung der Fragen)
    • Im Vorfeld der Versammlung: Zusendung der elektronischen Zugangsdaten zum Internet-Aktionärsportal an die Aktionäre.
    • Eine Durchführung der GV kann auch in der zweiten Jahreshälfte erfolgen (bisher innert 6 Monaten seit Abschluss des Geschäftsjahres).

     

    Die rein virtuelle Generalversammlung wird es zwar erst im Rahmen der Revision des Aktienrechts ab 2022 geben. Dies erfordert jedoch zwingend eine Grundlage in den Statuten sowie Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters in der (elektronischen) Einberufung durch den Verwaltungsrat. Die entsprechende Anpassung der Statuten muss für eine Durchführung der Online-GV somit bereits im Jahr 2021 erfolgen. Obwohl die Revision noch nicht in Kraft gesetzt wurde, ist mit der Sonderregelung für Versammlungen von Gesellschaften gemäss COVID-19-Verordnung 3 bis zum 31. Dezember 2021 eine vergleichbare Regelung eingeführt worden.

    Rechtliche Regelungen zu Online-Hauptversammlungen in unterschiedlichen Ländern

    Deutschland

    Wie schon 2020 dürfen auch im Jahr 2021 deutsche Unternehmen ihre Hauptversammlungen (HV) im Internet durchführen. Dafür sorgt die Rechtsverordnung vom 20. Oktober 2020. Eine begleitende Präsenzveranstaltung ist zumindest vorerst nicht erforderlich. Die Voraussetzungen dafür hatte die Bundesregierung mit ihrem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie geschaffen.

     

    Österreich

    Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie haben auch die österreichischen Behörden beschlossen, dass Hauptversammlungen ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer abgehalten werden können. Der Einsatz technischer Kommunikationsmittel – insbesondere Videokonferenzen – soll dabei sicherstellen, dass die Entscheidungsfindung in vergleichbarer Qualität möglich ist, wie bei einer physischen Versammlung. Für 2021 wurde dieses Modell verlängert. Hauptversammlungen können bis Ende des Jahres sowie online abgehalten werden.

     

    Weitere Länder

    In unserem Blogartikel “Virtual Annual General Meeting – A global update” können Sie noch mehr über die rechtlichen Regelungen zu Hauptversammlungen in Ländern, wie Frankreich, Großbritannien, Polen oder den USA, nachlesen.

    Case Study: Großbritanniens erste Online-Generalversammlung

    Wie Jimmy Choo 2016 neue Maßstäbe in der Investorenkommunikation setzte. 

    Kostenfrei herunterladen

    Exkurs: Premiere der Online-HV in Deutschland bereits 2012

    Bereits vor acht Jahren feierte die erste „echte“ Online-Hauptversammlung in Deutschland Premiere. Die EQS Group (damals noch EquityStory AG) lud als erste börsennotierte Gesellschaft ihre Aktionäre zur Hauptversammlung ins Internet ein. Die Teilnehmer können seitdem die Aktionärstreffen des Münchner RegTech-Anbieters nicht nur an ihren mobilen Endgeräten verfolgen, sondern auch online abstimmen und ihr Fragerecht ausüben.

    „Wir haben bisher durchweg gute Erfahrungen gemacht und auch die Akzeptanz bei den Privatinvestoren ist sehr gross gewesen“, berichtet EQS-Finanzchef André Silverio Marques. Auch die anfängliche Befürchtung, dass Aktionäre eine schwer zu bewältigende Anzahl an Fragen online stellt oder es technische Probleme geben könnte, habe sich nicht bewahrheitet.

    Dass es am Ende bisher nur eine echte Online-Hauptversammlung in Anführungszeichen war, liegt am deutschen Aktienrecht, das bislang eine begleitende Präsenzveranstaltung verlangte. Doch nach dem Testlauf – die Sonderregelungen gelten vorerst nur für HV-Saison 2020 – könnte ein generelles Umdenken einsetzen, das zu einer beschleunigten Digitalisierung der Hauptversammlung führt.

    Profitieren Sie von unserer Erfahrung aus mehr als 2.000 Webcasts weltweit

    Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung Ihrer Online-Generalversammlung. Kontaktieren Sie uns, um mehr zu erfahren. 

    Mehr erfahren
    Stephan Däschler
    Stephan Däschler

    Managing Director Germany – EQS Group | Stephan arbeitet seit mehr als 10 Jahren bei der EQS Group und ist Teil des Münchner Teams.

    Kontakt